"Bei Angriff ist Neutralität hinfällig"
Wenn Russland angreift, soll sich auch die Schweiz wehren. Das betont Viola Amherd in Österreich.
Die Schweiz will sich im Falle eines russischen Angriffs gemeinsam mit ihren europäischen Nato-Partnern wehren. Das machte Bundespräsidentin und Verteidigungsministerin Viola Amherd in Wien klar.
Zwar gebe es bei der europäischen Luftabwehrinitiative "European Sky Shield" einen Neutralitätsvorbehalt. "Sollte es einen Angriff auf die Schweiz geben, dann ist die Situation anders, dann fällt die Neutralität dahin", sagte Amherd. In einem solchen Fall könne die Schweiz "mit Partnern unsere Verteidigung organisieren".
Wie bei jedem Waffensystem hoffe sie, dass der europäische Luftabwehrschirm nicht zum Einsatz komme. Die Kooperation würde der Schweiz aber im Verteidigungsfall helfen, sagte Amherd bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen in der Hofburg in Wien.
Die beiden neutralen Länder beteiligen sich an der im Jahr 2023 vom Nato-Staat Deutschland ins Leben gerufenen Luftabwehrinitiative "Sky Shield". Bei dieser geht es insbesondere um gemeinsame Beschaffung, Schulungen und Informationsaustausch, etwa durch Radardaten.
Synergien für kleinere Staaten
Van der Bellen äusserte ebenfalls klare Unterstützung für die Initiative. Die Beschaffung von Raketenabwehrsystemen sei "sehr teuer" und "für kleine Staaten zu teuer, um es allein zu machen". Mit Blick auf die Neutralität beider Staaten bezeichnete er es als "Glück der Geschichte", dass Österreich und die Schweiz im militärischen Bereich kooperieren könnten.
Im Mittelpunkt der Gespräche der beiden Staatsoberhäupter stand neben der Sicherheitslage und der Situation in der Ukraine die EU-Annäherung der Schweiz. In der Ukraine-Frage bekräftigte Amherd den Plan, noch vor dem Sommer eine Friedenskonferenz auszurichten. Van der Bellen sicherte ihr dabei die Unterstützung Österreichs zu.
Im Hinblick auf die EU äusserte Amherd die Hoffnung, dass die seit Mitte März laufenden Gespräche zwischen Bern und Brüssel noch vor dem Jahresende erfolgreich abgeschlossen werden können.
Van der Bellen wünschte einen positiven Ausgang der Gespräche. Er selbst würde sich freuen, wenn die Schweiz "nicht nur ein fester europäischer Freund ist", sondern auch "neben uns im Europäischen Rat sitzen würde". Der Europäische Rat ist das Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union.
Militärische Ehren
Van der Bellen hatte Amherd heute mit militärischen Ehren am Ballhausplatz in Wien empfangen. Amherd holt einen Besuch nach, den sie Ende Januar wegen einer Covid-19-Erkrankung hatte absagen müssen. Nach ihrem Termin mit Van der Bellen traf sie die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).
Am Nachmittag stand ein Austausch mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf dem Programm. Dabei sollte es um "Fragen von gemeinsamen Interesse" gehen, wie Amherd sagte. Ihre Mitte-Partei gehört wie die Österreichische Volkspartei (ÖVP) der christlich-demokratischen und bürgerlich-konservativen europäischen Parteienfamilie EVP (Europäische Volkspartei) an.