Chur sagt Ja zum Vier-Millionen-Kredit für Drogen-Konsumraum, © Unsplash/Colin Davis
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Chur sagt Ja zum Vier-Millionen-Kredit für Drogen-Konsumraum

Die Churer Stimmbevölkerung hat heute einen Kredit über 3,88 Millionen Franken für den Drogen-Konsumraum mit 66,06 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Sie sah damit über den davor kritisierten, extremen Kostenanstieg hinweg.

09.06.2024

Ursprünglich waren für den dreijährigen Pilotbetrieb 1,08 Millionen Franken vorgesehen. Wegen des veränderten Drogenkonsums in der Stadt, namentlich durch das Aufkommen kokainbasierter Drogen, braucht es aber längere Öffnungszeiten, mehr qualifiziertes Fachpersonal und mehr Infrastruktur.

Mit 8'008 Ja-Stimmen gegenüber 4'114 Nein-Stimmen fiel das Resultat deutlich aus. Die Stimmbeteiligung lag bei 48,66 Prozent. Der zuständige Stadtrat Patrik Degiacomi (SP) zeigte sich vor den Medien in Chur erleichtert über den klaren Ausgang der Abstimmung.

"Alle schauen nach Chur"

Zuvor machte Degiacomi auf die wegweisende Wirkung dieser Abstimmung aufmerksam. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erzählte er von einem Treffen am vergangenen Freitag, bei dem mit Vertretern anderer Schweizer Städte vorwiegend der Konsumraum, statt die traktandierten Themen zur Sprache gekommen sei.

Besonders für Städte, die noch keine Lösung für ihre Drogenproblematik haben, sei der Ausgang der Abstimmung am Sonntag in Chur wichtig. "Sie wollen schauen, wie sich die Stimmberechtigten verhalten", so Degiacomi. Unter anderem seien dies St. Gallen, Freiburg und Baden.

Situation besorgniserregend

Die Situation in Chur sei derweil weiterhin besorgniserregend. Die Drogenabhängigen würden stark verwahrlosen und die Auswirkungen auf die Bevölkerung nähmen zu. "Ich bin deshalb sehr erleichtert, dass dieses Kernelement Konsumraum so deutlich angenommen wurde", sagte Degiacomi im Interview mit RTR.

Chur hat eine der grössten offenen Drogenszenen der Schweiz und das im Stadtpark mitten im Stadtzentrum. Mit einem Konsumraum sollen die suchterkrankten Menschen ihre gesundheitliche und soziale Situation stabilisieren können. Durch den begleiteten und räumlich geschützten Konsum erhofft sich die Stadt eine drastische Reduzierung der offenen Szene.

Wurden im August 2022 noch zehn Spritzen pro Woche gefunden, waren es ein Jahr später bereits 90. Auch die Zahl der Obdachlosen in der Stadt verdreifachte sich seit Januar 2022. Im August 2023 waren es knapp über 40 Menschen ohne festen Wohnsitz in der Bündner Kantonshauptstadt.

Umstrittener Standort

Der geplante Standort des Konsumraums liegt an der Sägenstrasse 75. Das 950 Quadratmeter grosse Areal werde eingezäunt und bewacht, kündigte Degiacomi im Vorfeld an. Neben dem bestehenden Gebäude - einem ehemaligen Kulturhaus - sollen acht Container für einen Konsumraum und 17 weitere für die Kontakt- und Anlaufstelle aufgestellt werden.

Dass der geplante Standort nicht direkt bei der Szene im Churer Stadtpark, sondern in einem Wohnquartier liegt, sorgte bei Anwohnenden für Kritik. Gegen die Pläne der Stadt wurden über 200 Unterschriften gesammelt. Der Standort war jedoch nicht Teil der Abstimmungsvorlage.

Die Standortfrage war deshalb am Sonntag nicht abschliessend geklärt. Man suche parallel auch nach Alternativen, sagte Degiacomi zu Keystone-SDA. Vordergründig werde aber mit dem kommunizierten Standort weitergeplant. Sobald eine Baubewilligung vorliege, dauere es bis zur Eröffnung noch fünf Monate. Wann dies sein wird, hängt aber auch von möglichen, künftigen Einsprachen ab.