Gericht spricht Berner Beiz von Rassismus-Vorwurf frei
Das Regionalgericht Bern hat die Brasserie Lorraine am Montag vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Das Lokal hatte das Konzert einer weissen Schweizer Reggae-Band abgebrochen, weil Gäste den Auftritt als kulturelle Aneignung empfunden hatten.
17.02.2025
Die Staatsanwaltschaft hatte einen Strafbefehl mit einer Busse von 3000 Franken erlassen. Dagegen wehrte sich die linke Genossenschaftsbeiz vor Gericht - und bekam Recht. Allerdings ging die Einzelrichterin in ihrer Urteilsbegründung gar nicht auf den Vorwurf der Rassendiskriminierung ein.
Denn sie kam zum Schluss, dass die Brasserie nach dem Unternehmensstrafrecht gar nicht verantwortlich gemacht werden könne. Ob damit das letzte Wort gesprochen ist, wird sich zeigen. Staatsanwalt Marco Amstutz liess gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA offen, ob er das Urteil ans Obergericht weiterzieht.
Er hatte die "Brass" als Unternehmen angeklagt, weil er die Straftat "infolge der mangelhaften Organisation des Unternehmens" keinen Einzelpersonen zuordnen konnte. Den Befragten aus dem Umfeld der Beiz warf er vor, sich nicht kooperativ verhalten und damit die Ermittlungen behindert zu haben.
Aussage verweigert
Die Einzelrichterin sah dies anders. Dass die vorgeladenen Personen die Aussage in den Einvernahmen und auch vor Gericht verweigerten, sei ihr gutes Recht gewesen. Insgesamt habe die Staatsanwaltschaft zu wenig unternommen, um den Vorwurf der mangelhaften Organisation zu erhärten. Sie habe nicht alle möglichen und verhältnismässigen Ermittlungen geführt.
Der Vorfall vom Juli 2022 hatte international für Schlagzeilen gesorgt. Mitglieder der Band Lauwarm hatten zur Reggae-Musik afrikanische Kleidung und Dreadlocks getragen. Gäste störten sich daran, worauf das Konzert abgebrochen wurde.
Kritik der Jungen SVP
Die Junge SVP hatte Anzeige wegen Rassendiskriminierung gegen die linksalternative Beiz eingereicht. Parteipräsident Nils Fiechter bezeichnete das Urteil am Montag vor Medienschaffenden als "absoluten Witz". Er sieht im Freispruch einen Beleg, dass die Strafnorm nur bei politischen Gegnern angewendet werde.
Fiechter selbst wurde 2022 zusammen mit einem Mitstreiter vor Bundesgericht wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Dabei ging es um eine Illustration im Abstimmungskampf gegen einen Transitplatz für Fahrende.
Brasserie entschuldigte sich
Während Fiechter vor dem Amtshaus sprach, traten die Vertreter der Brasserie Lorraine aus dem Gebäude und wurden von Sympathisanten lautstark gefeiert. Vor Gericht hatte ein Vertreter der Beiz vergangene Woche eine Entschuldigung ausgesprochen.
"Wir haben das Konzert aus einem uns legitim erscheinenden Grund abgebrochen und hatten absolut keine Absicht, so viele Leute zu verärgern", sagte er. Es sei klar, dass die Geschichte aufgearbeitet werden sollte. Doch "das war bisher nicht möglich, und der Prozess ist der falsche Ort dafür".