Israel bombardiert Teile Beiruts weiter
In Nahost gehen die Auseinandersetzungen weiter. So bombardiert Israel weiter den Libanon.
Israel hat seine Bombardierungen im Raum der libanesischen Hauptstadt Beirut in der Nacht fortgesetzt. Ob bei dem massiven Luftangriff vom gestrigen Freitag, der nach Angaben der israelischen Armee dem unter Wohngebäuden versteckten Hauptquartier der Schiiten-Miliz Hisbollah galt, deren Anführer Hassan Nasrallah getötet wurde, war in den frühen Morgenstunden weiter ungewiss. Im Nachbarland Syrien feierten Menschen im letzten grossen Rebellengebiet Idlib bereits seinen Tod. Derweil flohen in Beirut Hunderte Menschen vor Israels Angriffen in den südlichen Vororten in das Zentrum der Hauptstadt.
Der Schock stand den Menschen im Gesicht. Überall harrten verängstigte Familien mit Tränen in den Augen auf den Strassen aus, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur in Beirut schilderte. Die Menschen, die aus den südlichen Vororten, in denen die Hisbollah besonders stark ist, ins Stadtzentrum flohen, sprachen von einer "Hölle". Sie suchten in der schwülen Nacht Schutz in Parks, auf der Strasse und an öffentlichen Stränden. Sie sei barfuss geflohen, erzählte eine Frau. Am frühen Morgen herrschte laut Augenzeugen gespenstische Ruhe. Ein Bewohner der Hauptstadt sprach von einem "Albtraum".
Suche nach Überlebenden
Örtliche Fernsehsender zeigten nächtliche Explosionen südlich von Beirut in der Nähe des internationalen Flughafens. Es waren Brände und Folgeexplosionen zu sehen. Retter suchten unterdessen weiter nach Überlebenden des massiven Luftangriffs, bei dem laut Libanons staatlicher Nachrichtenagentur NNA mehrere Gebäude in dem dicht besiedelten Vorort Haret Hreik zerstört wurden. Es könne Dutzende oder gar Hunderte Tote geben.
Guterres warnt vor Flächenbrand
UN-Generalsekretär António Guterres warnte eindringlich vor einer Ausweitung des Konflikts. "Der Krieg im Libanon könnte zu einer weiteren Eskalation mit Beteiligung externer Mächte führen", sagte er bei einer UN-Sicherheitsratssitzung in New York. "Wir müssen einen regionalen Krieg um jeden Preis vermeiden." Seit dem Beginn der schweren israelischen Angriffe im Libanon sind nach UN-Angaben bereits Zehntausende Menschen nach Syrien geflohen. Derweil meldete Israels Armee in der Nacht weitere Luftangriffe auf "Terrorziele" in Beirut, die zur Hisbollah gehörten". Einzelheiten wurden in der Mitteilung nicht genannt.
Israel: Hisbollah-Chef getötet
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah ist laut israelischen Angaben bei einem Angriff am Freitag in Beirut getötet worden. "Hassan Nasrallah wird nicht länger in der Lage sein, die Welt zu terrorisieren", teilte das israelische Militär mit. Von der Hisbollah, die den Tod ihres Anführers erst mit deutlicher Verzögerung mitteilen könnte, gab es zunächst keine Bestätigung.
Unterdessen griff Israels Militär nach eigenen Angaben auch im Süden des Libanons erneut Stellungen der Hisbollah-Miliz an. Nach Beschuss aus dem Libanon habe die Luftwaffe die Abschussvorrichtung bombardiert, teilte die Armee in der Nacht mit. Es seien zuvor von dort mindestens drei Geschosse auf Israel abgefeuert worden, von denen die meisten abgefangen worden seien. Zudem seien weitere Stellungen der Schiiten-Miliz im Südlibanon angegriffen worden, darunter Gebäude, in denen die Hisbollah Waffen gelagert habe.
Der von Israel gemeldete Angriff auf das Hauptquartier der Hisbollah sei der bisher "aggressivste Schritt" Israels der vergangenen zwei Wochen mit ausgeklügelten Geheimdienstoperationen, gezielten Tötungen und schweren Bombardierungen, schrieb das "Wall Street Journal". Die Miliz solle gehindert werden, über die Grenze nach Israel vorzudringen. Bislang habe es sich bei den Angriffen in Beirut um "gezielte Tötungen" von Hisbollah-Kommandeuren gehandelt, schrieb die "Times of Israel". Die jüngsten Angriffe seien jedoch umfangreicher und zielten auf die Zerstörung der Infrastruktur sowie ranghohe Personen ab.
Bericht: Nasrallahs Tod wäre schwerer Schlag auch für den Iran
Sollte tatsächlich Hisbollah-Anführer Nasrallah getötet worden sein, wäre dies nicht nur für die von ihm angeführte Miliz ein "enormer Schlag", schrieb das "Wall Street Journal". Es wäre auch ein schwerer Schlag für ihren wichtigsten Unterstützer, den Iran und das Netzwerk verbündeter Milizen, das Teheran im gesamten Nahen Osten gegen den Erzfeind Israel aufgebaut habe. Es wäre ausserdem das bisher deutlichste Signal, dass die Hisbollah vom israelischen Geheimdienst tief durchdrungen worden sei, schrieb die US-Zeitung weiter.
In Syrien strömten am Abend bereits Menschen im letzten grossen Rebellengebiet Idlib auf die Strasse, um den bislang nicht bestätigten Tod von Nasrallah zu feiern, wie auf Videos in sozialen Netzwerken zu sehen war. Die Oppositionellen in Syrien betrachten die Hisbollah als einen der wichtigsten Handlanger ihres grössten Feindes, Präsident Baschar al-Assad. In Syrien war 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Die Hisbollah schickte damals aus dem Libanon rund 7.000 Kämpfer in das Nachbarland, um die Regierung von Präsident Assad mithilfe des Irans und Russlands gegen vorwiegend sunnitische Rebellen zu unterstützen.