Kommission für Kriegsmaterial-Wiederexporte an Ukraine
Schweizer Rüstungsgüter in der Ukraine? Ein Stichentscheid sorgte für ein Ja in der zuständigen Kommission des Nationalrats.
Die Ukraine soll in Zukunft indirekt Schweizer Rüstungsgüter erhalten können. Die zuständige Kommission des Nationalrates hat ihre Vorschläge für eine Anpassung des Kriegsmaterialgesetzes für die Vernehmlassung verabschiedet, mit knappstem Mehr.
Den Gesetzesentwurf hiess die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SIK-N) mit 10 zu 10 Stimmen, 4 Enthaltungen und mit Stichentscheid von Präsidentin Priska Seiler Graf (SP/ZH) gut. Das gab Seiler Graf in Bern vor den Medien bekannt.
Diskussionen und Vorstösse
Heute verbietet es das Kriegsmaterialgesetz, exportierte Schweizer Rüstungsgüter an die Ukraine weiterzugeben. Vom Bundesrat abschlägig beantwortete entsprechende Anfragen aus europäischen Ländern, darunter Deutschland, führten zu Diskussionen über eine Lockerung des Nichtwiederausfuhr-Verbots und lösten Vorstösse im Parlament aus.
Die Mehrheit der Kommission halte die Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes für angezeigt, sagte Seiler Graf. Die heutige Regelung, mit der die Schweiz Abnehmerländer von Kriegsmaterial daran hindere, in der Ukraine zu helfen, stosse auf grosses Unverständnis.
Die Minderheit hingegen halte das Timing - eine Änderung der Regeln mitten in einem Krieg - für schlecht. Auch habe sie Bedenken in Sachen Neutralität, führte Seiler Graf aus.
Lockerung für bestimmte Staaten
Die Kommissionsmehrheit schlägt vor, das Nichtwiederausfuhr-Verbot für Länder zu lockern, die über ähnliche Mechanismen für die Exportkontrolle verfügen wie die Schweiz und mit der Schweiz ähnliche Werte teilen. Konkret handelt es sich um die im Anhang 2 zur Kriegsmaterialverordnung aufgeführten Staaten.
Die Nichtwiederausfuhr-Erklärung bei Exporten soll für diese ausgewählten Länder auf fünf Jahre befristet werden. Anträge für auf zehn Jahre Befristung oder auf eine generelle Befristung auf fünf Jahre für alle Staaten lehnte die Mehrheit ab. Eine unterlegene Minderheit wollte auch keine Rückwirkung.
Weitergegeben werden darf das Material vom Abnehmerland an ein Drittland nur, wenn dieses Auflagen erfüllt. Namentlich darf es die Menschenrechte nicht schwerwiegend und systematisch verletzen. Auch darf kein Risiko bestehen, dass die Rüstungsgüter aus der Schweiz im Drittland gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden.
Ist das Drittland in einen bewaffneten Konflikt verwickelt, ist die Wiederausfuhr erlaubt, wenn das Land von seinem völkerrechtlich verankerten Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch macht und der Uno-Sicherheitsrat einen Verstoss gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot gemäss Uno-Charta festgestellt hat.
Abnehmer-Länder entscheiden
Ob Kriegsmaterial weitergegeben wird, sollen nach dem Willen der SIK-N die Abnehmer-Länder entscheiden. Ein politischer Entscheid des Bundesrates aufgrund eines Gesuches sei neutralitätsrechtlich nicht möglich, sagte Seiler Graf. Das weitergebende Land habe selbst zu entscheiden, ob die Bedingungen für eine Weitergabe erfüllt seien.
Die Gesetzesanpassung hatte die SIK-N selber mit einer parlamentarischen Initiative angestossen. Im Mai 2023 gab die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates grünes Licht für die Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages.
Der in vielen Teilen umstrittene Entwurf der SIK-N geht in den kommenden Wochen in eine Vernehmlassung. Auch der Bundesrat kann sich dazu äussern. Erst danach werden die Räte darüber entscheiden. Frühestens im Frühling 2025 sei die Botschaft bereit, sagte Seiler Graf. "Es wird also dauern, aber wir sind nicht entmutigt und gehen Schritt für Schritt vor."