Kommission will blockierte UNRWA-Gelder teils freigeben
Die zuständige Nationalratskommission will die Unterstützung für das Palästinenser-Hilfswerk UNRWA teilweise beibehalten, stellt aber Bedingungen.
Über die Höhe des Betrags wurde in der Kommission nicht entschieden. Der Bundesrat wird das Dossier bald diskutieren.
Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N) hat in den vergangenen Wochen mehrmals zu diesem Thema getagt. Angesichts der katastrophalen humanitären Situation, die derzeit in Gaza herrsche, solle die Unterstützung der Schweiz für die UNRWA teilweise aufrechterhalten werden, sagte Kommissionspräsident Laurent Wehrli (FDP/VD) am Dienstag in Bern vor den Medien.
Konkret fordert die APK-N den Bundesrat auf, eine erste Tranche für die UNRWA bereitzustellen. Dies beschloss sie mit 13 zu 11 Stimmen. Die Hilfsorganisation müsse aber garantieren können, dass das Schweizer Geld nur für die Nothilfe und für humanitäre Hilfe eingesetzt werde. Man müsse über die Kanäle gehen, die vor Ort noch funktionierten, fügte Wehrli hinzu.
Die Höhe des Teilbeitrags an die UNRWA wurde von der Kommission nicht beziffert. Darüber wird der Bundesrat entscheiden müssen. Ursprünglich sollte die Schweiz 20 Millionen Franken für 2024 zahlen. Mit 16 zu 8 Stimmen abgelehnt wurde in der APK-N ein Antrag, der den ganzen Betrag sofort freigeben wollte.
Keine direkten Geldüberweisungen mehr
Mittelfristig solle die Schweiz das UNRWA hingegen nicht mehr direkt finanzieren, so die Kommission. Sie hat mit 12 zu 9 Stimmen eine entsprechende Motion eingereicht. Demnach soll die Gaza-Hilfe dahingehend anpasst werden, dass der Schweizer Beitrag zugunsten der Nothilfe an die palästinensische Zivilbevölkerung umgeleitet wird.
Damit sollen gemäss Motionstext verschiedenste Hilfsaktionen finanziell oder materiell - also etwa Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen - direkt unterstützt werden, unabhängig davon, wer die logistische Umsetzung vor Ort vornimmt.
So solle sichergestellt werden, dass die Hilfsgüter über gesicherte Korridore in den Gazastreifen gelangten und der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung gestellt werden könnten. Es sollen weiter "keine direkten Geldüberweisungen an die UNRWA getätigt werden".
Die Schweiz ist einer der grössten Geldgeber der Uno-Agentur. Sie hat jedoch die Zahlung ausgesetzt, nachdem Israel UNRWA-Mitarbeiter beschuldigt hatte, mit dem Massaker vom 7. Oktober in Verbindung zu stehen. Das IKRK und andere humanitäre Organisationen hatten zuletzt deutlich gemacht, dass sie die Arbeit des UNRWA nicht ersetzen könnten.
UNRWA-Chef teilweise erleichtert
Der Druck auf die Freigabe der Gelder wird auch im Inland immer grösser. Mehrere Dutzend Schweizer Persönlichkeiten forderten in einem Anfang Woche publizierten Zeitungsinserat, die blockierten UNRWA-Gelder freizugeben. Darunter sind die ehemaligen SP-Bundesrätinnen Micheline Calmy-Rey und Ruth Dreifuss.
Es gebe keine Beweise, dass die Uno-Agentur "eine schädliche Rolle in diesem Konflikt gespielt hat", schrieben sie. Das Uno-Hilfswerk sei aufgrund der Erfahrung vor Ort und den bestehenden Strukturen derzeit in der Lage, der palästinensischen Bevölkerung eine substanzielle humanitäre Hilfe zukommen zu lassen.
UNRWA-Generalsekretär Philippe Lazzarini zeigte sich an einem Anlass in Genf erfreut über die Empfehlung der APK-N, die Agentur weiterhin teilweise zu unterstützen. Er halte es für wichtig, dass die Schweiz ihre humanitäre Tradition in der Region fortsetze.
Angesprochen auf die eingereichte Motion, wonach die UNRWA mittelfristig nicht mehr direkt finanziert werden soll, sagte Lazzarini, er hoffe, dass dies nicht geschehen werde "bis die Schweiz und die anderen Mitgliedstaaten auf die Gründung eines palästinensischen Staates hingearbeitet haben, das heisst, bevor sich die Agentur aus der Region zurückziehen könne.
Ball beim Bundesrat
Amnesty International Schweiz "erwartet, dass der Bundesrat nun rasch handelt und die dringend benötigten Gelder für die UNRWA freigibt", wie es in einer Stellungnahme hiess. Die Schweiz als Depositärstaat der Genfer Konventionen dürfe sich in diesem Konflikt nicht auf die Seite einer Kriegspartei stellen, sondern nur auf die Seite des Völkerrechts
Das Schweizer Parlament hatte im Rahmen der Prüfung des Budgets für 2024 beschlossen, die Schweizer Hilfe auszusetzen. Aussenminister Ignazio Cassis teilte am Dienstag am Rande eines Anlasses in Solothurn mit, dass sich der Bundesrat "zeitnah" mit dem Dossier befassen werde.