Markus Wallner will einen klaren Auftrag , © Land Vorarlberg
Archivbild Land Vorarlberg
  • Vorarlberg

Markus Wallner will einen klaren Auftrag

ÖVP-Chef Landeshauptmann Markus Wallner erhofft sich vom Wahlergebnis der Landtagswahl am 13. Oktober "einen klaren Auftrag zur Regierungsbildung".

08.09.2024

Eine Verständigung darüber, dass die Regierungskoalition mit den Grünen nach der Wahl fortgesetzt werde, gebe es - anders als vor fünf Jahren - dieses Mal nicht. "Es ist notwendig, dass wir alle Optionen prüfen", sagte Wallner im APA-Interview, der sich über das Verhalten der Vorarlberger Grünen "irritiert" zeigte.

Der Landeshauptmann verhehlte nicht, dass die Stimmung in seiner Partei gegenüber den Grünen deutlich kritischer geworden sei. Die Grünen als Partei beurteilte er als "ideologischer" als in den Jahren davor, auch eine Abdrift "nach links" stellte er fest. Der 57-Jährige, der mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) bezüglich des Baus der Bodensee-Schnellstrasse (S18) im Clinch liegt, vermisste auch eine kritische Stimme der Vorarlberger Grünen gegenüber der Ministerin. Dass Gewessler einen höherrangigen Strassenanschluss an ein Nachbarland (die Schweiz, Anm.) infrage stelle, war für Wallner überhaupt nicht nachvollziehbar. "In welchem anderen Bundesland würde man sich trauen zu sagen, wir brauchen keinen Autobahn-Anschluss ins Nachbarland?", fragte er. Diese Haltung sei nicht akzeptabel. Mit ihrem Abstimmungsverhalten zum EU-Renaturierungsgesetz habe Gewessler in seinen Augen zudem einen "klaren Verfassungsbruch" begangen.

Am persönlichen Verhältnis zu Grünen-Chef Daniel Zadra liege die kritischere Beurteilung der Grünen nicht, auch wenn die Achse zu Zadra-Vorgänger Johannes Rauch stärker gewesen sei, unterstrich Wallner. Es gehe vielmehr auch darum, dass die Grünen auf Gemeindeebene die ÖVP bekämpften, "sie sind dort oftmals unser schärfster Gegner". Das sei früher besser gewesen. "Wir sind eine starke Basis-Partei, es geht auch um das Atmosphärische", betonte der ÖVP-Chef.

Seine Aussagen seien aber nicht als ein Ja zu einem Regierungsübereinkommen mit der FPÖ zu verstehen. "Auch Schwarz-Blau ist nicht ausgemacht", stellte Wallner fest. Für die ÖVP gehe es darum, möglichst stark zu werden, um dann die Richtung vorgeben zu können. Eine Prozentzahl als Ziel wollte Wallner nicht nennen. Wichtig ist Wallner, "dass wir keine Filiale von Wien sind, weder als Bundesland noch als Partei". Das erwarte er auch von einem möglichen Regierungspartner. "Wer Herbert Kickl die Schuhe poliert, wird Schwierigkeiten mit uns haben", sagte er in Richtung FPÖ-Parteichef Christof Bitschi. Und am äussersten rechten Rand habe Vorarlberg schon gar nichts verloren.

Aus den vielen Krisen der vergangenen Jahre habe er gelernt, dass man als Land unabhängiger werden müsse, etwa in Energiefragen. Auch deshalb wolle man bis 2030 die "Energieautonomie+" erreichen. Er habe sich bewusst Fragen wie "Was stärkt ein Land?" oder "Was stärkt die Gesellschaft?" gestellt. Ebenso ist kein Geheimnis, dass die Krisen deutliche Spuren im Landesbudget hinterlassen haben. Einen rigorosen Sparzwang sah Wallner jedoch nicht, er sei kein Freund von radikalen Einschnitten.

Sehr wohl müssten sich die Vorarlberger Bürger aber auf ein Zurückfahren der gewährten Leistungen zur Bewältigung der Krisen einstellen. Konkret wird der Heizkostenzuschuss ebenso überprüft werden wie der Stromkostenzuschuss. Ein Verkauf der Hypo Vorarlberg - die mehrheitlich im Landeseigentum stehende Bank steht immer wieder in der Kritik - steht für Wallner weiter nicht zur Debatte. Man wünsche sich von dem gut gehenden Institut aber künftig deutlich mehr Dividende. In der Klimakrise müsse man sich kontinuierlich um Anpassung bemühen, dazu müssten die Instrumente des Bundes erhalten bleiben und weiter große Investitionen getätigt werden. "Wo die Mittel fehlen, werden die Auswüchse deutlich spürbarer sein", so Wallner.

Ebenso in Richtung Bund richtete Wallner aus, dass er sich gerade in Sachen Infrastruktur Fortschritte und Lösungen erwarte - ob das nun die Autobahnverbindung in die Schweiz, die vollständige Digitalisierung der Zollabwicklung oder die Frage sei, ob der Grossraum Bregenz eine Bahn-Unterflurtrasse erhalten solle oder nicht. Beim Hochwasser-Schutzprojekt "Rhesi" (Rhein-Erholung-Sicherheit) erwartete er die Umsetzung, bei der Glasfaser-Offensive des Bundes - der Glasfaser-Ausbau ist auch ein Schwerpunkt in Vorarlberg - freute er sich über "gute Förderungen". Für die nächsten Finanzausgleich-Verhandlungen reklamierte Wallner bereits jetzt eine "Verschiebung des Schlüssels zugunsten der Länder", eine Erbschaftssteuer lehnte Wallner dezidiert ab. "Am Anfang gibt es einen hohen Freibetrag, am Ende kommt der kleine Hausbesitzer dran", stellte er diesbezüglich fest.

Zur aktuellen Debatte um die Sozialhilfe sagte Wallner, dass er in Vorarlberg dezidiert "keine Wiener Verhältnisse" wolle. In Vorarlberg gebe es ein degressives Modell, man bezahle nicht für jedes Kind gleich viel, das halte er für richtig. Auch befürworte er die Umsetzung einer fünfjährigen Wartefrist bei der Sozialhilfe. "Eine Zuwanderung ins Sozialsystem will keiner, eine vorübergehende Hilfe in der Not ist etwas anderes als ein Daueraufenthalt in der Sozialhilfe", so Wallner.

Die Wirtschaftsbund-Affäre, die vor zwei Jahren zu großssn Verwerfungen geführt und Wallner in eine gesundheitsbedingte Auszeit gezwungen hatte, ist laut Wallner aufgearbeitet. Als "richtige Reaktion" haben man das schärfste Parteien-Gesetz Österreichs geschaffen. Alle öffentlichen Aufträge des Landes würden veröffentlicht, die Wahlkämpfe würden kürzer und mit weniger Geld bestritten. Am Ende prüfe der Landes-Rechnungshof, auch die Teilorganisationen seien einbezogen, wie VOL.AT heute online berichtet. 

Ein Interview mit Markus Wallner finden Sie HIER.