Milliardenschweres Sparpaket beim Bund, © Keystone/SDA
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Milliardenschweres Sparpaket beim Bund

Der Bundeshaushalt muss in den nächsten Jahren saniert werden, sonst drohen Milliardendefizite.

05.09.2024

Die vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe hat nun zahlreiche Sparvorschläge erarbeitet. Ob der politische Wille für deren Umsetzung vorhanden ist, ist jedoch zweifelhaft.

Aus heutiger Sicht beziffert der Bundesrat den Bereinigungsbedarf bei den Bundesausgaben ab 2027 auf 3 bis 3,5 Milliarden Franken. Ab 2030 steigt das notwendige Entlastungsvolumen auf 4 bis 4,5 Milliarden Franken pro Jahr. Grund dafür sind die stetig steigenden Ausgaben, etwa für die AHV und für die Armee.

In den vergangenen Monaten nahm eine Expertengruppe unter der Leitung des ehemaligen Chefs der Finanzverwaltung, Serge Gaillard, alle Aufgaben und Subventionen des Bundes unter die Lupe. Bis auf wenige Ausnahmen seien die 66 Empfehlungen im 62-seitigen Schlussbericht einstimmig beschlossen worden, sagte Gaillard am Donnerstag in Bern vor den Medien.

Subventionen hinterfragen

Insgesamt listet der Bericht der fünfköpfigen Expertengruppe potenzielle Einsparungen im Umfang von bis zu 5 Milliarden Franken ab dem Jahr 2030 auf. Basis der Schlussforderungen war die Analyse von mehr als 300 Krediten des Bundes, die nach verschiedenen Kriterien beurteilt wurden.

Für das Gremium standen laut Gaillard drei Fragen im Vordergrund: Kann man die Ziele mit weniger Steuergeldern erreichen? Gibt es Aufgaben, mit denen sich verschiedene Staatsstufen befassen? Und steigen Ausgaben schneller als nötig?

Das Ergebnis: Rund 2 Milliarden Franken könnten alleine in der Migrationspolitik, der Klima- und Energiepolitik sowie bei der Verkehrsinfrastruktur eingespart werden. Bei vielen Subventionen gebe es heute hohe Mitnahmeeffekte, sagte Gaillard. "Geld wird ausgegeben für Projekte, die ohnehin umgesetzt worden wären." Er erwähnte namentlich die Förderung von Tourismus, Medien, Landwirtschaft und Güterverkehr.

Neue Aufgaben mit bestehenden Ressourcen

Zudem sieht das Gremium ein Sparpotenzial von 1,5 Milliarden Franken dort, wo der Bund im Zuständigkeitsbereich der Kantone aktiv geworden ist - beispielsweise bei der Kita-Betreuung. Weitere Einsparungen von 0,4 Milliarden Franken könnten mit einer Dämpfung des Ausgabenwachstums bei der sozialen Wohlfahrt erreicht werden.

Mit der Kürzung und Streichung kleinerer Subventionen liegen ausserdem Minderausgaben von 0,1 Milliarden Franken drin, wie die Expertengruppe schreibt. 0,6 Milliarden Franken könnten zusätzlich mit einer Neupriorisierung von Ausgaben eingespart werden.

Schliesslich schlägt die Gruppe Kürzungen im Eigenbereich der Bundesverwaltung im Umfang von 0,3 Milliarden Franken vor. In der Bundesverwaltung gelte es, eine neue Kultur zu propagieren, sagte Gaillard - nämlich, neue Aufgaben mit den bestehenden Ressourcen zu lösen.

"Gewisse Korrektur ist durchaus vertretbar"

Angesprochen darauf, dass die Hauptvariante der Expertengruppe nur ausgabenseitige Massnahmen vorschlägt, sagte Gaillard: "Eine gewisse Korrektur ist durchaus vertretbar in Bereichen, wo die Ausgaben in den vergangenen 15 Jahren stark gestiegen sind." Es müsse versucht werden, die Ausgabendynamik zu brechen.

Mehrausgaben ausserordentlich zu verbuchen oder die Schuldenbremse infrage zu stellen, mache wenig Sinn, so Gaillard. Wenn der politische Wille bestehe, brauche es für die Sanierung des Bundeshaushalts auch keine Steuererhöhungen. "Es lohnt sich, zuerst Ausgaben zu eliminieren, die nicht gerechtfertigt sind."

Trotzdem skizzierte die Expertengruppe auch Alternativen zu den reinen Ausgabenkürzungen. Demnach könnte Spielraum geschaffen werden, indem die Armeeausgaben weniger schnell wachsen als derzeit politisch vorgesehen sei. Dafür blieben Lücken im Dispositiv länger bestehen.

Verteilkämpfe vorprogrammiert

Auf Basis der Vorschläge der Expertengruppe sollen laut dem Bundesrat erste Entlastungen des Haushalts ab den Jahren 2026 und 2027 realisiert werden. Laut Pascal Hollenstein, Kommunikationschef von Finanzministerin Karin Keller-Sutter, könnte das Paket des Bundesrats auch weitere Massnahmen umfassen.

Klar ist, dass sowohl Sparmassnahmen als auch Steuererhöhungen heftig umstritten sind. Verteilkämpfe im Parlament scheinen vorprogrammiert. "Wenn alle etwas geben müssen, gibt es vielleicht einen Konsens", sagte Gaillard - und fügte hinzu: "Bisher hatte man nicht den Eindruck, dass der politische Wille da war."

In den kommenden Tagen werden Runde Tische mit Kantonen, politischen Parteien und Sozialpartnern einberufen. Schon Ende September soll dann das weitere Vorgehen festgelegt werden. Voraussichtlich im Januar wird der Bundesrat zu den definierten Massnahmen eine ordentliche Vernehmlassung durchführen. Darüber entscheiden wird schliesslich das Parlament.