Nachrichtendienst mit immer mehr Bedrohungen
Die Schweiz ist deutlich weniger sicher als noch vor wenigen Jahren. Das schreibt der Nachrichtendienst in seinem neusten Lagebericht. Ausländische Staaten betreiben demnach vermehrt Spionage und Propaganda aus der Schweiz. Die Terrorgefahr habe sich akzentuiert.
Seit Jahresbeginn 2024 registriert der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) eine intensivierte internationale Dynamik bei dschihadistischen Akteuren, wie dem am heute Dienstag veröffentlichten Jahresbericht zu entnehmen ist. Dies widerspiegle sich etwa in einer Häufung polizeilicher Interventionen in Europa wegen Terrorverdachts.
Es sei eine Zunahme der Radikalisierung Minderjähriger festzustellen. Diese erfolge online, in kurzer Zeit und könne bis zur Verübung eines Terroranschlags führen. Insbesondere jüdische und israelische Interessen blieben exponiert, auch in der Schweiz.
Auch daneben gibt es laut dem NDB eine "Vielzahl der Bedrohungen". Dazu gehörten unter anderem russische Beeinflussungsaktivitäten, Spionage, die Weiterverbreitung von Waffen oder der gewalttätige Rechts- und Linksextremismus. Der aktuelle NDB-Lageradar im Bericht "Sicherheit Schweiz 2024" umfasst insgesamt 48 Themenfelder.
Mehr Stellen gefordert
"Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz verschlechtert sich von Jahr zu Jahr weiter", steht im NDB-Jahresbericht. Die Gruppe eurasischer Autokratien - China, Russland, Nordkorea und Iran -, die vermehrt auch militärisch kooperiert, sei eines der besorgniserregendsten unter den sich derzeit abzeichnenden strategischen Mustern. Die Früherkennung von Bedrohungen werde deshalb immer zentraler.
Dafür braucht es Personal. Mitte Oktober hat die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SIK-S) gefordert, die Personalressourcen des NDB für 2025 und die Jahre danach so aufzustocken, dass bis spätestens 2028 150 neue Vollzeitstellen geschaffen werden können. Aktuell hat der NDB rund 400 Mitarbeitende. Als Nächstes diskutiert die Finanzkommission des Ständerats (FK-S) darüber.
NDB-Chef Christian Dussey warnt schon länger vor einer Überlastung des Personals und forderte wiederholt zusätzliche Ressourcen, um Bedrohungen und relevante Veränderungen im strategischen Umfeld der Schweiz rechtzeitig zu identifizieren und zu beurteilen und anschliessend die notwendigen präventiven Massnahmen zu ergreifen.
Spione in Botschaften
Die grösste Bedrohung der Schweiz durch Spionage geht aktuell von mehreren russischen Nachrichtendiensten aus, wie der NDB weiter schreibt. Die Bedrohung der Schweiz durch die chinesischen Nachrichtendienste sei ebenfalls hoch. "Zahlreiche Dienste unterhalten in der Schweiz getarnte Stützpunkte, sogenannte Residenturen." In der Regel würden diese in diplomatischen Vertretungen betrieben.
Der Krieg gegen die Ukraine und die sich weltweit verschärfende machtpolitische Konfrontation haben die hybride Bedrohung auch für die Schweiz erhöht, insbesondere durch russische Beeinflussungsaktivitäten, heisst es im NDB-Jahresbericht ausserdem. Russland versuche auch, die westlichen Sanktionen über Privatfirmen in Drittstaaten zu umgehen. Das stelle für die Schweizer Exportkontrolle bewilligungspflichtiger Dual-Use-Güter eine grosse Herausforderung dar.