OLMA will den ESC beherbergen, © Michael Huwiler
Die OLMA Chefin will den ESC in die Ostschweiz holen. Michael Huwiler
  • Ostschweiz

OLMA will den ESC beherbergen

Nach dem historischen Sieg von Nemo beim Eurovision Song Contest (ESC) im schwedischen Malmö hat in der Schweiz der Wettbewerb um den Austragungsort des ESC 2025 begonnen. Auch St. Gallen wirft den Hut in den Ring

13.05.2024

Genf bewarb sich bereits, Basel bekundete ebenfalls Interesse. Nemos Heimatstadt Biel BE indes wird wohl wegen Platzmangels nicht infrage kommen, obwohl Nemo sich dies wünschen würde.

In welcher Schweizer Stadt der Eurovision Song Contest 2025 ausgetragen wird, ist noch offen. Doch bereits am Tag nach dem ESC-Sieg des 24-jährigen Musiktalents warfen Basel und Genf ihre Hüte in den Ring - und sogar die Olma-Chefin will den Event nach St. Gallen holen.

Wie es von der Stadt St. Gallen hiess, sei man bereits in Gesprächen mit Bodenseetourismus und den Verantwortlichen der Olma. Man würde sich über eine Zusage freuen. 

Interessierte Städte können sich nach der Ausschreibung für den Austragungsort des finanziell interessanten Events bewerben. Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) entscheidet dann gemeinsam mit dem Fernsehen SRF als Gastgeberin und der Veranstalterin, der European Broadcasting Union (EBU).

Am Montag beginnt eine Taskforce der SRG mit den Vorbereitungen für die Austragung des Gesangwettbewerbes in der Schweiz. Laut einem SRG-Sprecher sind es viele Anforderungen, die interessierte Städte erfüllen müssen. Doch die Wertschöpfung für die Region und die betroffene Stadt sei immens.

Wie hoch die Kosten einer Austragung des ESC werden, ist nicht bekannt. Laut Schätzungen sollen diese zwischen 30 und 40 Millionen Franken betragen.

Biel hat zu wenig Hotelzimmer
"Ich würde es lieben, wenn der ESC 2025 in Biel stattfinden könnte", sagte Nemo in der Nacht auf Sonntag an einer Medienkonferenz. "Das Problem könnte sein, dass es mindestens 10'000 Hotelzimmer braucht, und Biel hat vielleicht 500." Aber wenn jeder Haushalt jemanden aufnehme, könnte es womöglich reichen. Und sonst könnte ja vielleicht einfach die Eröffnungszeremonie in Biel über die Bühne gehen.

Nemo wurde mit Gratulationen überschwemmt. Der Sieg sei eine Anerkennung der vielfältigen Talente und der Persönlichkeit des Musikacts, schrieb Kulturministerin Elisabeth Baume-Schneider auf der Plattform X.

Nemos Heimatstadt Biel feierte den Schweizer Sieg in der Nacht auf Sonntag ausgiebig. Kulturdirektorin Glenda Gonzalez Bassi (SP) verfolgte das Spektakel beim Public Viewing in der Innenstadt. Der Sieg bedeute der Stadt viel, sagte sie am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Wir sind sehr stolz auf Nemo."

Der Schweizer ESC-Delegationsleiter zeigte sich überglücklich. Nemo habe eine "sensationelle Performance" abgeliefert, sagte Yves Schifferle. Auch SRG-Generaldirektor Gilles Marchand verfolgte Nemos Sieg vor Ort in Malmö. "Ein grossartiger Erfolg für Nemo, für die Schweiz und für das ganze Team, das diesen Sieg erst möglich machte", sagte Marchand. Er freut sich auf die "Schweizer" ESC-Ausgabe von 2025.

Trophäe zerbrochen
Nemo liess sich bereits in Malmö frenetisch feiern. Im Siegestaumel passierte dann noch ein Malheur - die eingeheimste ESC-Trophäe zerbrach. Nemo legte dies positiv aus. Mit verletztem Daumen sagte das Musiktalent, vielleicht müsse nicht nur die Trophäe repariert werden, sondern auch der ESC-Anlass. Bei der Preisverleihung appellierte Nemo an den Frieden und die Menschenwürde.

Kommentatorinnen und Kommentatoren der Medien im In- und Ausland zollten dem Sieg von Nemo grossen Respekt. In Krisenzeiten könne Nemo das Beste sein, was dem Musikwettbewerb passieren konnte, so der Tenor. Denn der ESC 2024 war politisch enorm aufgeladen und im Vorfeld chaotisch: Mehrere Kandidaten kritisierten mit Blick auf den Gaza-Krieg die Teilnahme der israelischen Sängerin Eden Golan.

Es kam auch zu Demonstrationen gegen die Teilnahme Israels, dabei wurde Klimaaktivistin Greta Thunberg in Malmö von der Polizei abgeführt. Zudem wurde der niederländische Kandidat Joost Klein wegen eines "Vorfalls" mit einer Kamerafrau von der EBU kurzfristig nur Stunden vor dem Finale ausgeschlossen.

Nemo setzte sich am Samstagabend nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem kroatischen Favoriten Baby Lasagna schliesslich durch. Nemo holte mit dem Song "The Code" 591 Punkte für die Schweiz. Kroatien kam auf 547 Punkte. Alyona Alyona & Jerry Heil aus der Ukraine folgten mit 453 Punkten überraschend auf Platz drei. Nemo war zuvor während Wochen klar zu den Favoriten gezählt worden. Er setzte sich bei den Länderjurys an die Spitze, bei den Publikumsvoten landete er auf Platz fünf.

Die etwa vierstündige Fernsehübertragung des ESC war mit fast acht Millionen Zuschauern und 1,4 Millionen Streams im Internet ein Erfolg. Weltweit wurde mit mehr als 160 Millionen Zuschauern gerechnet, was den ESC zum weltweit am meisten beachteten Musikwettbewerb macht.

Reise zu sich selbst
Der in Berlin lebende Schweizer ESC-Glücksbringer erzählte mit "The Code" seine eigene Geschichte. "'The Code' handelt von der Reise, die ich mit der Erkenntnis begann, dass ich weder ein Mann noch eine Frau bin", sagte Nemo im Vorfeld, denn Nemo ist nonbinär, identifiziert sich also weder eindeutig als Frau noch als Mann. Nemo begleitete den Auftritt mit einer artistischen Bühnenshow. Er tanzte spektakulär und einwandfrei auf einer rotierenden Plattform.

Geplant war, das Nemo am Sonntagabend zurück in die Schweiz fliegt. Nemo will danach in die Heimat Biel reisen, um dort das Geschehene zu verarbeiten.

Mit Nemo konnte die Schweiz ihren dritten Sieg einfahren in der 68-jährigen Geschichte des Musikwettbewerbs. Der erste Sieg gelang gleich bei der Premiere des damaligen "Grand Prix Eurovision de la Chanson" 1956 in Lugano TI mit Lys Assia. 32 Jahre später holte Céline Dion 1988 in Dublin den Sieg.