Schweiz soll bei Rüstung kooperieren
Die Hochschule St. Gallen und die ETH Zürich haben je eine Studie zu möglichen Verbesserungen der Schweizer Rüstungspolitik veröffentlicht.
In beiden ist die Rede davon, dass die Schweiz zur Stärkung ihrer Position auf internationale Zusammenarbeit setzen soll.
Fachleute der Hochschule St. Gallen geben in der einen Studie zehn Handlungsempfehlungen zur Schliessung allfälliger Lücken im künftigen Rüstungsbedarf ab. Sie raten unter anderem, direkte Offset-Geschäfte in grösserem Umfang zu nutzen, um eine versorgungsrelevante Rüstungsindustrie im Inland zu etablieren beziehungsweise Abhängigkeiten bei ausländischen Unternehmen zu schaffen.
Offset-Geschäfte sind Vereinbarungen zwischen Beschaffungsland und Lieferant, die sicherstellen, dass ein Teil des Vertragswerts durch Geschäfte im Beschaffungsland ausgeglichen werden.
Fachleute der ETH Zürich schreiben in der anderen Studie, gefragt sei vor allem die Fähigkeit, heimische Forschungs- und Industrieakteure innerhalb grenzüberschreitender Rüstungslieferketten zu positionieren und Interdependenzen geschickt auszuspielen.
Dies verlange unter anderem eine vertiefte nationale Koordination zwischen Bundesverwaltung, Armee, Hochschulen und Industrie. Auch sei eine Sicherheits- und Verteidigungsdiplomatie angesagt, "die sich ausdrücklich auch als Rüstungsdiplomatie versteht."
Die Erkenntnisse der Studien würden in die laufende Überprüfung der Rüstungspolitik einfliessen, teilte das Bundesamt für Rüstung Armasuisse heute mit.
Im Auftrag von Armasuisse
Es war Armasuisse, welche die beiden heute von den Hochschulen publizierten Studien in Auftrag gab. Dies, nachdem Verteidigungsministerin Viola Amherd Armasuisse 2023 mit einer Überprüfung der Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beauftragt hatte.
Die 160-seitige St. Galler Studie legt das dortige Institut für Technologiemanagement vor. In ihr geht es laut einer Armasuisse-Mitteilung um den aktuellen Zustand der Schweizer Industriebasis und einen Abgleich mit dem künftigen Rüstungsbedarf der Schweizer Armee.
Zu den Handlungsempfehlungen der St. Galler Fachleute gehört auch, dass die Schweiz zur Stärkung ihrer Widerstandskraft inländische Ressourcen stärkt und die Transparenz in den Lieferketten erhöht. Potenzielle Störungen sollen so frühzeitig erkannt werden.
Auch seien Notfallpläne für Lieferausfälle nötig, dazu eine strategische Diversifizierung von Bezugsquellen sowie Lager für Rohstoffe. Auch brauche es die Entwicklung alternativer Transportwege.
Innovationen im Bereich Weltraum und Drohnen scheinen den St. Galler Studienautoren ebenfalls nötig. Sie raten auch, die Rechtssicherheit für Rüstungs- und Dual-Use-Güter zu erhöhen. Solche Güter können sowohl für zivile Zwecke als auch militärisch eingesetzt werden.
"Exporte durch Schweizer Rüstungsunternehmen nicht weiter einzuschränken beziehungsweise die Möglichkeiten unter Wahrung ethischer und neutralitätspolitischer Aspekte zu erweitern, wird als zwingend erachtet", wie es in der Studie weiter heisst.
Die Zürcher Studie stammt vom Center for Security Studies (CSS) der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Sie widmet sich dem Stand und den Entwicklungsmöglichkeiten der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz im Rüstungsbereich.
Gegengeschäfte gut etabliert
Gegengeschäfte im Rüstungsbereich sind in der Schweiz nichts Neues. Wiederholt konnten Schweizer Unternehmen beispielsweise bei Flugzeugbeschaffungen einen Teil der Arbeiten in der Schweiz ausführen.
Auch beim Kauf von 36 US-Kampfflugzeugen des Typs F-35 vereinbarten die Schweiz und der Flugzeughersteller Lockheed Martin Gegengeschäfte. Mit der Unterzeichnung des Beschaffungsvertrags hat sich das Unternehmen aus den USA nach Angaben der Firma Ruag von Juni dieses Jahres verpflichtet, bis Ende 2034 sechzig Prozent des Vertragswertes durch Gegengeschäfte mit Unternehmen in der Schweiz zu kompensieren. Das entspricht rund drei Milliarden US-Dollar.
Ein Teilprojekt dieser Gegengeschäfte mit dem Namen "Rigi" wurde Anfang Juni von Armasuisse vorgenehmigt, wie die Ruag Ende Juni mitteilte.