Ständerat lässt neues AKW prüfen, © Radio Liechtenstein
Das Kernkraftwerk Gösgen. Radio Liechtenstein
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Ständerat lässt neues AKW prüfen

Im Ständerat gibt es eine breite Zustimmung für ein Postulat, das den Bau neuer Atomkraftwerke prüfen lassen will.

06.03.2024

Der Schweizer Ständerat rüttelt am 2017 beschlossenen Verbot des Baus neuer Atomkraftwerke. Er hat ein Postulat angenommen, in dem steht, zur Sicherung der Stromversorgung sei der Neubau von AKWs als "mögliches Szenario" zu prüfen.

Der Satz ist Bestandteil eines Postulats von FDP-Präsident Thierry Burkart, dessen einzelne Punkte der Ständerat mit deutlichen Mehrheiten annahm. Der Vorstoss geht damit zur Umsetzung an den Bundesrat.

Im Postulat fordert der Aargauer Ständerat den Bundesrat primär auf zu zeigen, was getan werden muss, damit die Schweizer AKW in einen Langzeitbetrieb gehen können.

Im von Burkart verlangten Bericht soll die Landesregierung aber auch aufzeigen, wie sich der Strommix in der Schweiz entwickelt und wie viele Stromerzeugungsanlagen bis 2030 aufgebaut werden müssen. Dies, damit die bestehenden AKW ohne Risiko für die Versorgungssicherheit ausser Betrieb genommen werden können.

"Dabei soll auch der Neubau von Kernkraftwerken ein mögliches Szenario sein, falls der Ausbau anderer emissionsarmer Kapazitäten zu langsam vorankommt", schreibt Burkart. Im Rat sagte er in Bezug auf das "mögliche Szenario" AKW-Neubau, es gehe lediglich um den Auftrag, eine Auslegeordnung zu erstellen.

Wer zu gesicherten Grundlagen die Diskussion verweigere, sage aus ideologischen Gründen Nein. Die vier Punkte des Postulats stiessen - mit Abweichungen - bei Vertretern der Mitte, der FDP und der SVP auf Zustimmung, während Grüne und Linke Nein sagten.

Burkart: "falsche Annahmen"
Die Energiestrategie 2050 des Bundes sei unter falschen Annahmen erstellt worden, sagte Burkart im Rat. Sie sei daher nicht geeignet, die künftige Stromversorgung sicherzustellen.

Der Präsident der FDP Schweiz fordert vom Bundesrat unter anderem aufzuzeigen, wie die Kostenstruktur der AKW-Betreiber entlastet oder zusätzliche finanzielle Anreize für Tiefpreisphasen geschaffen werden können. Auch soll die Landesregierung darstellen, wie der Austausch von Kernkomponenten eines Kernkraftwerks, etwa des Reaktordruckbehälters, ermöglicht werden könnte.

Die Kernenergie habe 2022 mit 36 Prozent zum verfügbaren Schweizer Strom beigetragen, sei also zentral und leiste insbesondere in den kritischen Wintermonaten einen essenziellen Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Auf die Bedeutung der AKWs zur Versorgungssicherheit wiesen auch andere Befürworter des Postulats hin, etwa Pirmin Bischof (Mitte/SO). Seit der Verabschiedung der Energiestrategie 2050 des Bundes habe sich die Faktenlage geändert. Ein AKW-Neubau sei zwar "völlig irreal", doch die bestehende AKW-Stromproduktion müsse gesichert werden.

Der grüne Glarner Ständerat Mathias Zopfi hingegen sagte, auf der Webseite des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI sei nachzulesen, dass ein Reaktordruckbehälter nicht ersetzt werden könne. Das Postulat sei unnötig. Aus ideologischen Gründen könne man auch ein Postulat dieses Inhalts einreichen und ihm zustimmen.

Zopfi erhielt Unterstützung von Céline Vara (Grüne/NE) und Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU). Letztere sagte, das Postulat stimme nicht mit dem vom Volk genehmigten Atomausstieg überein.

Für Rösti sinnvoller Antrag
Der Bundesrat beantragte Annahme des Postulats und schrieb: Ein Ja dazu stelle kein Präjudiz für die Aufhebung des Neubauverbots von Kernkraftwerken dar. Die Berücksichtigung des "möglichen Szenarios" bedeutete, dass "in voller Kenntnis der Sachlage Entscheide getroffen werden können."

Umwelt- und Energieminister Albert Rösti sagte im Rat, es gehe um die Versorgungssicherheit. Derzeit brauche es sowohl den Aufbau neuer erneuerbaren Energien und die Kernkraft. Die von Burkart geforderten Abklärungen lägen nicht vor. Das Postulat sei also sinnvoll.

Ab dem Jahr 2029 werde entschieden, ob die beiden AKWs Beznau I und II ab 2032 vom Netz genommen würden. Er wisse heute nicht, woher die rund sechs Terawattstunden Strom kämen, wenn die beiden Meiler stillgelegt würden, so Rösti.