Selenskyj bekommt Milliarden-Kredit der G7
Bis Ende des Jahres soll das von Russland angegriffene Land auf einen Kredit in Höhe von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zurückgreifen können - auch für Waffenkäufe.
Die führenden demokratischen Industrienationen (G7) schnürten heute in Süditalien ein Hilfspaket, das mit Zinserträgen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen finanziert werden soll. Das bestätigten Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Nachmittag beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der sieben Länder erwartet. Seine Regierung soll das Geld auch für den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur und bei Engpässen im Staatshaushalt nutzen können.
Zur G7 gehören Italien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Japan, Kanada und die USA. Die Staats- und Regierungschefs beraten bis Samstag im Luxushotel "Borgo Egnazia" in Apulien im Süden Italiens. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine steht ganz oben auf der Agenda des Treffens.
Ukraine-Hilfe finanziert mit "Erträgen von Putins Vermögen"
Die Pläne für den Kredit an die Ukraine wurden entwickelt, um Zinserträge aus eingefrorenem russischen Vermögen noch effektiver zu nutzen. Die EU-Staaten hatten bereits entschieden, Zinsen direkt für die Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine bereitzustellen. Über den sogenannten Kredithebel kann die Wirkung nun deutlich erhöht werden.
In westlichen Ländern wurden seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Angaben der US-Regierung rund 280 Milliarden US-Dollar (rund 260 Milliarden Euro) an russischen Zentralbankgeldern eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben.
US-Finanzministerin Janet Yellen schrieb in einem Gastbeitrag für die "New York Times", das Darlehen für die Ukraine werde im Laufe der Zeit durch die Zinserträge zurückgezahlt. Mit den Mitteln bekäme die Ukraine Ressourcen an die Hand - "bezahlt aus den Erträgen von Herrn Putins eigenem Vermögen". Das Paket sei eine klare Botschaft an Russlands Präsidenten Wladimir Putin: dass die Verbündeten auf lange Sicht zu Kiew stünden.
Laut der Weltbank übersteigen die Kriegsschäden in dem angegriffenen Land mittlerweile 486 Milliarden US-Dollar. Im Entwurf für die Abschlusserklärung des Gipfels hiess es zur Ukraine: "Es ist nicht richtig, dass Russland entscheidet, ob oder wann es für die verursachten Schäden in der Ukraine zahlt." Deshalb prüfe die G7 weiter alle rechtmässigen Wege, Russland zur Erfüllung dieser Verpflichtungen zu zwingen.
Meloni: Gruppe der Sieben ist keine Festung
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sagte, die G7 müsse offen sein für den Dialog mit anderen Staaten und Staatengruppen. "Die G7 ist keine in sich geschlossene Festung, die sich vielleicht gegen jemanden verteidigen muss", sagte Meloni zum Auftakt des Gipfels, bei dem sie Gastgeberin ist. Das Ziel der italienischen Präsidentschaft sei es, die Zusammenarbeit zwischen den G7-Staaten zu stärken. Zugleich müssten sie in der Lage sein, mit allen anderen in den Dialog zu treten, sagte die ultrarechte Politikerin. Meloni sprach den G7 eine unersetzliche Rolle bei der Bewältigung globaler Krisen zu.
China kritisiert neues US-Sanktionspaket
Die USA läuteten den G7-Gipfel am Mittwoch mit neuen Sanktionen gegen Unterstützer des russischen Angriffskrieges ein - auch gegen chinesische Firmen. Aus China kam Kritik. "Wir fordern die Vereinigten Staaten auf, die wahllosen, illegalen, einseitigen Sanktionen zu unterbinden", sagte der Sprecher des chinesischen Aussenministeriums, Lin Jian, in Peking.
Laut US-Regierung richten sich die Strafmassnahmen gegen mehr als 300 Personen und Einrichtungen, die Russland die Fortsetzung des Krieges ermöglichten. China gilt als wichtigster Verbündeter Russlands und gibt Moskau in dem Krieg auch durch seine Haltung auf internationaler Bühne Rückendeckung.
Die G7 werden sich in Apulien mit den schwierigen Handelsbeziehungen zur Volksrepublik beschäftigen. Diejenigen zwischen der EU und China waren erst am Mittwoch wieder in den Fokus gerückt: Die EU-Kommission erwägt, vorläufig Strafzölle auf E-Autos aus dem Land zu verhängen. Das Handelsministerium in Peking kritisierte die Androhung scharf und hat Gegenmassnahmen angedeutet. Ob Hersteller die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich zahlen müssen, hängt den Angaben zufolge davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden kann.